"Drei Viertel der Mitglieder müssen zustimmen"

INTERVIEW: Notar Herbert Franz beantwortet Fragen zur rechtlichen Seite einer Fusion von Amicitia und TSV Viernheim

Die Vorstände von TSV und Amicitia arbeiten weiter auf eine Fusion hin. Noch im Juni sollen Mitglieder beider Vereine über die neueste Entwicklung informiert werden. Als juristischen Berater haben sich "Blaue" und "Grüne" auf Rechtsanwalt und Notar Herbert Franz verständigt. Der langjährige Stadtverordnetenvorsteher weiß um die geforderte Objektivität. Im "Südhessen Morgen"-Interview erläutert er die rechtliche Seite des Vorhabens.

Herbert Franz, was verbirgt sich eigentlich hinter dem Begriff der "Fusion"?

HERBERT FRANZ: Fusion heißt nichts anderes als Verschmelzung. Rechtlich bedeutet die Verschmelzung die Vereinigung von zwei oder mehreren Rechtsgebilden zu einem Einzigen aufgrund Rechtsaktes. Sie ist hauptsächlich das Instrument zur Vereinigung von Gesellschaften.

Sie sprechen von einem "Umwandlungsgesetz". Was bedeutet dies genau?

FRANZ: Das Umwandlungsgesetz ist die gesetzliche Grundlage für die Verschmelzung, aber auch Spaltung von Gesellschaften. In seiner neuen Fassung ist es 1994 in Kraft getreten und sieht erstmals die Möglichkeit einer direkten Verschmelzung von Vereinen vor.

TSV und Amicitia streben einen gemeinsamen Weg an. Was ist hierbei aus juristischer Sicht alles zu beachten?

FRANZ: Im Wesentlichen ist zwischen den Vereinen ein Vertrag zu schließen, der die wichtigsten Bedingungen der Vereinigung enthält. Das Gesetz schreibt dazu einen Mindestvertragsinhalt vor, der genau beachtet werden muss. Der Vertrag, oder dessen Entwurf, ist von den Mitgliederversammlungen zu genehmigen. Zur Unterrichtung ist die Auslegung von zwingend erforderlichen Unterlagen in den Geschäftsräumen während der Einberufungszeit und während der Hauptversammlung des Vereins erforderlich. Dazu gehören auch Bilanzen oder gleichwertige Vermögens- und Statusnachweise der letzten drei Jahre. Über die Hauptversammlung muss ein Protokoll durch einen Notar aufgenommen werden. Die beschlossene Verschmelzung muss von den Vorständen zum Vereinsregister angemeldet werden.

Wieviele Mitglieder müssten der angedachten Fusion zustimmen?

FRANZ: Das Gesetz schreibt eine Dreiviertel-Mehrheit der anwesenden stimmberechtigten Mitglieder vor.

Ab wann würde der Zusammenschluss rechtswirksam, könnte der Verein unter neuem Namen antreten?

FRANZ: Rechtswirksam ist diese Verschmelzung erst mit Eintragung im Register. Jedoch kann sie im Innenverhältnis zwischen den Vereinen auch mit Rückwirkung von bis zu sechs Monaten beschlossen und ausgeführt werden.

Dies würde gleichbedeutend sein, dass die traditionsreichen Namen TSV und Amicitia Viernheim aus dem Vereinsregister gelöscht würden. Ist das richtig?

FRANZ: Es kommt darauf an. Die Verschmelzung kann einerseits durch die so genannte "Verschmelzung zur Aufnahme" erfolgen. Was bedeutet, das rechtlich ein Verein vom anderen aufgenommen wird. Andererseits durch "Verschmelzung zur Neugründung": Was bedeutet, dass beide Vereine in einem neuen dritten Verein aufgehen. Es wird wohl die zweite Alternative erwogen, so dass formal beide Vereine gelöscht würden, aber gleichberechtigt im neuen Verein - unter gemeinsam zu bestimmenden Namen - weiterleben.

Der neue Verein bräuchte eine neue Satzung und einen neuen Vorstand . . .

FRANZ: Bei der Verschmelzung zur Aufnahme wäre formal eine neue Satzung nicht erforderlich. Es würde die des aufnehmenden Vereins weiter gelten können, was sicher nicht sinnvoll wäre. Bei der zweiten Möglichkeit - Verschmelzung zur Neugründung - sind die Grundsätze der Vereinsgründung generell zu beachten. Also benötigt dieser Verein eine neue Satzung und einen neuen Vorstand. Ein vorläufiger handlungsfähiger Vorstand kann dabei bereits im Verschmelzungsvertrag bestimmt werden.

Was passiert mit vorhandenen Vermögen und Verbindlichkeiten?

FRANZ: Das jeweilige Vermögen wird rechtlich gemeinsames Vermögen. Jeweilige Einzelrechte werden Rechte des gemeinsamen neuen Vereins. Dies gilt auch für die angesprochenen Mittel, falls dafür von den Spendern keine entgegenstehenden Auflagen gemacht wurden. Bisherige getrennte Verbindlichkeiten würden dann zu gemeinsamen Verbindlichkeiten.

Wie ist als am Sport Interessierter Ihre persönliche Meinung zu den Plänen? Andere Fusionsvorhaben, nicht nur in der Region, sind in den letzten Jahren oft gescheitert?

FRANZ: Das ist richtig. Doch darf dies meines Erachtens die Verantwortlichen beider Vereine nicht entmutigen, wenn sie den Weg der Verschmelzung für richtig erachten. Natürlich ist es ein Weg mit nicht ganz sicherem Ausgang. Es bedarf der sorgfältigen Vorbereitung und offenen Information der Mitglieder. Es gibt, wie ich aus den Gesprächen mit den Verantwortlichen weiß, sehr gute und wichtige Gründe, diesen Schritt zu unternehmen.

© Südhessen Morgen - 05.06.2007