Hochzeitsglocken läuten für TSV und Amicitia

Verantwortliche beider Vereine streben Fusion an / Intensivere Förderung des Fußballs / Andere Sparten bleiben unberührt

Viernheim. Fußballklub SpVgg Amicitia und Mehrspartenverein TSV Viernheim sollen ab der Saison 2008/2009 gemeinsame Wege gehen. Beide Vorstände teilten gestern Abend völlig überraschend ihre Fusionspläne mit. Ziel sei es, die Qualität des Fußballsports auf Dauer zu sichern. Die Entscheidung liegt nun bei den Mitgliedern.

Denn, so betonte der Vorsitzende des Turn- und Sportvereins, Edmund Scheidel, "sie sind der Souverän". Es seien "noch keine Pflöcke eingerammt". Und auch sein Pendant bei der Amicitia, Manfred Trapp, unterstrich die lediglich "beabsichtigte Fusion". Ihre Argumente haben die Verantwortlichen gleichwohl parat: "Den Fußball in Viernheim zu stärken, eine bessere Ausbildung der Jugendspieler sowie das Bestreben, in allen Ligen höherklassig zu spielen", hätten beide Vereine dazu bewogen, im vergangenen Herbst Gespräche aufzunehmen. Wie die Klubs bei einem Pressegespräch auf Gut Neuzenhof erklärten, wollen sie ein nachhaltiges Nachwuchskonzept umsetzen, das auf kompetente Trainer baut. Die bessere Förderung verhindere dann, dass Talente zu anderen Großvereinen abwandern. Das besondere Augenmerk gilt nach wie vor der ersten Mannschaft, die sich in einer höheren Klasse etablieren soll. Weitere Seniorenteams dienen laut Modell jüngeren Spielern als Sprungbrett und stellen zudem eine stärkere Bindung an den Heimatverein her.

Für Scheidel passt das Konzept hervorragend zu dem der Ganztagsschule: Kinder und Jugendliche würden sich so stärker mit dem Verein identifizieren. Letztlich profitiere der gesamte Verein, weil seine Mitglieder mehrere Angebote wahrnehmen können, "ohne dreimal Beitrag zu zahlen". Schließlich bleibe die Arbeit der weiteren TSV-Abteilungen sowie deren Spiel- und Startrechte von dem Zusammenschluss weitgehend unberührt. Von einer höheren Mitgliederzahl verspricht man sich sogar einen positiven Nutzen für das Kurswesen. Ein weiterer Grund für die angestrebte Fusion sei die Tatsache, "dass die Belastungsgrenze der verantwortlichen Funktionäre mittlerweile erreicht ist". Die vorhandenen Kräfte bündeln, heißt daher die Devise.

Was für die beiden potenziellen Fusionspartner mindestens ebenso schwer wiegt, ist die Rückendeckung des Hauptsponsors. Unternehmer Werner Gutperle trage das Konzept mit, sagte Trapp, aber "er übt keinen Druck aus".

Die alleinige Ausgliederung der Fußballabteilung des TSV stand nach Angaben von Vereinschef Scheidel nie zur Debatte. Vielmehr sei es sein Bestreben, das "sehr gute Verhältnis" der Abteilungen untereinander zu pflegen. Das stehe über dem angestrebten sportlichen Erfolg, so Scheidel im Gespräch mit dem "Südhessen Morgen".

Auch der Vorsitzende des Amicitia-Verwaltungsrats, Martin Ringhof, betonte, eine Verschmelzung werde es "nur mit Zustimmung der Mitglieder" geben. Das Ergebnis der Entscheidung sei völlig offen. Ringhof sieht vor allem zwei Vorteile einer Vereinszusammenführung: die besseren Perspektiven für junge Fußballspieler und die wachsenden Möglichkeiten für Familienmitglieder. Aber auch der Erste Stadtrat weiß: Eine Fusion von TSV und Amicitia "ist für viele gewöhnungsbedürftig".

Dem TSV-Ehrenvorsitzenden Hansjörg Hoock sind solche Gedanken noch fremder. Er wurde schlichtweg nicht informiert: "Ich bin sehr überrascht", sagte er gegenüber dem "SM". Einen plausiblen Grund für eine Fusion kann der langjährige TSV-Chef nicht erkennen. Zusammengelegte Vereine spielten oft in deutlich tieferen Klassen und landeten "sportlich im Niemandsland", so Hoocks Erfahrung. Dass die Mitglieder dem Vorhaben zustimmen, "kann ich mir nicht vorstellen".

© Südhessen Morgen - 12.04.2007


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