Hans Scheidel brilliert als "fünfter Feldspieler"

HINTERGRUND: Erfolg gibt dem TSV Viernheim Recht / Spielweise spaltet Hallenfußball-Fans

Keine Frage: Am TSV Viernheim scheiden sich die Geister. Seit Jahren schon sind die Hessen beim MorgenMasters eine feste Größe und qualifizieren sich mit schöner Regelmäßigkeit fürs Endturnier - jedoch mit unorthodoxen Mitteln. So ist der Torwart beim TSV immer zugleich fünfter Feldspieler und verschafft dem Klub immer wieder Überzahlsituationen. Aus allen Lagen schießen die Torsteher des TSV, und irgendwann zappelt der Ball dann im Netz. "Grausam" finden das die Kritiker, die beim Wort "Hallenfußball" eher an Doppelpässe und technische Kabinettstückchen denken. "Clever und effektiv" finden es die Anhänger dieser Spielweise und verweisen auf den Erfolg. Und der gibt dem TSV Recht: Platz drei beim diesjährigen MorgenMasters - damit liegt der Landesligist voll im Soll.

"Wir sind wirklich sehr zufrieden", sagt Viernheims Routinier Hans Scheidel. "Man darf nicht vergessen, dass heute allein drei Spieler aus der zweiten Mannschaft bei uns im Einsatz waren." In der Halle ist Scheidel, inzwischen 34, immer noch eine Klasse für sich. Als spielender Torwart ist der Routinier, der im Freien Libero spielt, längst eine Institution beim MorgenMasters. Für das Finalturnier in der MWS-Halle hat sich der TSV etwas ganz Neues ausgedacht: Immer wenn die "Blauen" in der Vorwärtsbewegung sind, steht Scheidel auf dem Platz. Sobald der Gegner in Ballbesitz kommt, springt er für den etatmäßigen Torwart Dirk Weckbach über die Bande. Solch ein munteres Wechselspielchen hat man bisher beim MorgenMasters noch nicht gesehen.

"Ja, das ist mal etwas anderes", meint Scheidel und lacht. "Ich bin spielerisch sicherlich stärker als Dirk. Dafür ist er der bessere Torwart", hat der erfahrene Haudegen eine simple Erklärung für die ständige Rotation zwischen den Pfosten. Dass die Spielweise des TSV einigen ein Dorn im Auge ist, weiß auch Scheidel. "Es ist natürlich richtig, dass wir weniger von der Technik und mehr von unserer Kraft leben. Aber andererseits ist unsere Taktik auch risikoreicher, weil hinten oft die Absicherung fehlt. Dadurch fallen bei unseren Spielen meistens viele Tore. Und das macht die Sache für die Zuschauer interessant."

Das MorgenMasters 2007 ist Geschichte. Dass Scheidel auch bei der nächsten Auflage mit dabei sein wird, gilt als sicher. Schließlich ist der Hesse "ein Fußballverrückter" - auch wenn dann die Laufbahn im Freien unwiderruflich zu Ende ist. "Es geht nicht mehr, die Schmerzen werden zu groß", erklärt Scheidel, der an Arthrose im Hüftgelenk leidet. Künftig will sich der Viernheimer deshalb auf seine Trainerarbeit beim TSV konzentrieren. Dort betreut der 34-Jährige die zweite Mannschaft in der A-Klasse, die aktuell einen etwas enttäuschenden elften Rang belegt. Einen "sicheren Mittelfeldplatz" hat sich Scheidel für die Restrunde deshalb vorgenommen. "Wir wollen auf keinen Fall noch einmal zittern."

© Südhessen Morgen - 22.01.2007