Rassismus-Vorwürfe gegen Stefan Kehrer

FUSSBALL: LSV Ladenburg beschuldigt "Ringer des Jahres"

Die Wellen nach den Ausschreitungen am Rande des Fußball-Landesligaspiels zwischen dem TSV Viernheim und der LSV Ladenburg (Endstand 4:0) schlagen immer höher. In einer Pressemitteilung räumt der Klub aus der Römerstadt ein, dass der Spieler Hasan Gögercin in die Auseinandersetzung verwickelt gewesen sei. Gleichzeitig erhebt der Verein aber schwere Vorwürfe - und zwar gegen Stefan Kehrer, der erst in der vergangenen Woche zu Deutschlands "Ringer des Jahres" gekürt wurde. Die LSV behauptet, Kehrer habe den Spieler Gögercin während der Begegnung mit rassistischen Rufen beleidigt.

"Das ist eine bodenlose Frechheit", weist Kehrer im Gespräch mit unserer Zeitung die Ladenburger Beschuldigungen energisch zurück und kündigte an, rechtliche Schritte gegen diese Vorwürfe einzuleiten. "Ich bin Ringer das Jahres und Dritter bei der Europameisterschaft geworden. Eine derartige Entgleisung kann ich mir gar nicht erlauben, weil ich bei der Bundeswehr bin. Meinen guten Ruf habe ich mir mühsam erarbeitet. Und das werde ich mir von der LSV Ladenburg nicht kaputt machen lassen."

Zu den Vorfällen heißt es in der Pressemitteilung der Römerstädter: "Nach dem Abpfiff wandte sich der Spieler Hasan Gögercin, der sich zu diesem Zeitpunkt noch auf dem Spielfeld befand, in Richtung des besagten Zuschauers (Stefan Kehrer, Anm. d. Redaktion), um diesen auf sein charakterliches und wohl auch intellektuelles Defizit aufmerksam zu machen. Sekunden später stürmten 30 bis 40 Zuschauer, mit dem 'Ringer des Jahres' an der Spitze, über die Absperrung auf das Spielfeld und schlugen und traten auf Hasan Gögercin ein, selbst nachdem dieser auf dem Boden lag." Zudem sei Kehrer nach der Begegnung in die Umkleidekabine der Ladenburger gestürmt, um dort die Schlägerei fortzusetzen. Im Kreuzfeuer der Kritik steht in der LSV-Pressemitteilung darüber hinaus der Schiedsrichter. Dieser habe trotz mehrmaliger Bitte, "den ständigen Anfeindungen Einhalt zu gebieten", nichts unternommen. Der Unparteiische habe nach Ansicht der LSV damit zur Eskalation beigetragen.

Stefan Kehrers Version hört sich hingegen ganz anders an: "Ich habe mich während des Spiels über die Tore meines Vereins gefreut. Anscheinend hat Herr Gögercin das aber als Provokation verstanden und sich angegriffen gefühlt. Ich betone, dass dabei kein bisschen Schadenfreude von meiner Seite im Spiel war. Immerhin bin ich selber Sportsmann. Noch während der Begegnung hat er mich dann gewarnt, dass ich noch sehen werde, was mir der Jubel bringt."

Nach dem Schlusspfiff, erklärt der Sportsoldat weiter, sei er keinesfalls auf den Platz gerannt. "Ich habe mit dem Rücken zum Spielfeld gestanden und mich mit meiner Freundin unterhalten. Die ist übrigens Italienerin - so viel zum Thema Rassismus. Auf einmal hat mir Herr Gögercin auf die Schulter getippt. Und als ich mich umgedreht habe, hat er mir seine Faust ins Gesicht geschlagen. Meine Nase ist geprellt, zudem habe ich überall Schürfwunden, weil er mich mit seinen Stollenschuhen getreten hat." Gegen den LSV-Akteur, der bis zur Klärung des Vorfalls vom aktiven Spielbetrieb freigestellt wurde, hat der Ringer nach eigenen Angaben bereits Anzeige erstattet.

Ebenfalls wehrt sich Kehrer gegen den Vorwurf, er sei in die Kabine gestürmt. "Dort war ich definitiv nicht. Und ich wollte auch keine Schlägerei. Ich habe lediglich auf dem Weg zur Kabine versucht, den Spieler Gögercin zur Rede zu stellen. Wenn ich ihn wirklich hätte schlagen wollen, wäre das für mich als Ringer doch kein Problem gewesen. Aber ich habe nichts gemacht, weil ich wusste, was auf dem Spiel steht."

Kehrers Klub, der KSV Ketsch, hat unterdessen zurückhaltend auf die Beschuldigungen reagiert. "Erst einmal glaube ich unserem Athleten", erklärte Vorstandsvorsitzender Achim Reister, der aber auch deutlich machte: "Sollten sich die Vorwürfe bewahrheiten, werden wir ihn für ein paar Kämpfe freistellen."

© Südhessen Morgen - 29.11.2006