Katholische Jugendliche begeistern sich für Fußball

Ursprünge des TSV liegen bei der Jünglingssodalität

Der Turn- und Sportverein 1906 Viernheim besteht seit 100 Jahren - eine lange Zeit mit Höhen und Tiefen gesellschaftlicher wie sportlicher Art. Eine Ausstellung in der Sparkasse Starkenburg dokumentiert ab Dienstag, 25. April, die Entwicklung des mit 1500 Mitgliedern größten Clubs der Stadt. Der "Südhessen Morgen" fasst die Historie auf dieser Sonderseite zusammen.

Angefangen hat alles im Jahr 1906 mit der Gründung einer Sportabteilung der katholischen Jünglingssodalität, die ihre Leidenschaft für den Fußball entdeckte. Nach dem Ersten Weltkrieg wurden die "Sodalen" Teil der Deutschen Jugendkraft (DJK). In der Folge gesellten sich Handballer, Faustballer, Turner, Leichtathleten und Fechter hinzu. Außerdem gab es einen Spielmannszug und eine DJK-Kapelle.

Bei der Jünglingssodalität handelte es sich quasi um die Vorgängerorganisation der späteren katholischen Jugend (BDKJ). Sie wurde am zweiten Weihnachtsfeiertag 1853 in Viernheim gegründet und hatte schon am Beginn 120 Mitglieder. Der Chronik der Sportplatz-Einweihung 1927 ist zu entnehmen, dass die anfänglichen Aktivitäten bald nachließen und erst mit Pfarrer Euler, der 1868 nach Viernheim kam, wieder etwas mehr Leben bekamen. Dem engagierten Seelsorger hat die Stadt übrigens auch das St.-Josef-Krankenhaus, den Kreditverein (später Vereinsbank) und das Maria-Ward-Institut zu verdanken. Die Sodalität sollte ursprünglich das religiöse Leben junger Leute fördern. Unter Kaplan Johannes Jakobi kam es 1905 darüber hinaus zur Gründung eines sozialpolitischen Kränzchens, bevor 1906 die Sportabteilung ins Leben gerufen wurde.

Den ersten Sportplatz gab es im Gemeindewald hinter dem späteren Waldsportplatz. Vereinslokale waren zunächst "Freischütz", "Eichbaum" und dann das Gasthaus "Harmonie", wie sich Heimatforscher Hans Knapp - selbst aktiver DJKler - erinnert. Das Spielfeld wurde nach dem Ersten Weltkrieg zunächst vergrößert, dann erkannte man, dass der tiefe sandige Boden den weiteren sportlichen Aufschwung behinderte und zog 1927 an den Lorscher Weg um. Pfarrer Wolf stellte mit Erlaubnis der Diözese ein 1700 Quadratmeter großes Ackergrundstück aus Kirchenbesitz zur Verfügung. Die Jahrespacht betrug 250 Mark.

"Jugendkraftler" und Bauernschaft arbeiteten Hand in Hand, schafften mit 700 Fuhren insgesamt 72 Wagen Schlacke heran, heißt es in der Festschrift zur Stadioneinweihung 1927. Zu diesem Zeitpunkt waren Hauptplatz, Laufbahn mit Geländer, 600 Meter Umzäunung sowie Tor und Kassenhäuschen für insgesamt 15 000 Euro fertig gestellt. Bis Sommer 1930 kamen zwei weitere Felder hinzu, noch im gleichen Jahr startete auch der Bau der ersten Sporthalle.

Drei Jahre später wurde die DJK von den Nationalsozialisten verboten. Viele aktive Sportler wanderten zu anderen Vereinen ab. Da die alten Namen nach dem Zweiten Weltkrieg passé waren, kam es 1946 zur Gründung des TSV 1893, der sich aus Mitgliedern des einstigen TV 1893 und der früheren DJK zusammensetzte. Unter dem gemeinsamen Dach entstand zunächst eine Tennisabteilung, die sich bereits 1948 als TC selbstständig machte. Anfang der fünfziger Jahre trennte sich der Großverein, der nie zu einer Einheit geworden war. Vor allem Fußballer und Handballer bildeten gemeinsam mit den verbliebenen Turnern und Tischtennisspielern den heutigen TSV 1906, der sich seitdem als Nachfolger der Gründer von 1906 versteht. Seit den sechziger Jahren gibt es wieder Leichtathleten beim TSV, 1967 wurde dort auch der Basketballsport heimisch. Zwischenzeitlich gab es zudem einen Fanfarenzug. Im Herbst 1991 gründete sich eine Triathlonabteilung.

1996 übernahm der TSV von der Stadt die Verwaltung des angestammten Stadiongeländes an der Lorscher Straße mit dem Rasenplatz, zwei Hartplätzen, der großen Rudolf-Harbig-Halle sowie der kleinen TSV-Halle. Diesen Raum nutzt der Verein teilweise für sportliche Zwecke, vor allem aber für gesellige Ereignisse wie Weihnachtsfeiern, Fastnachts- oder Theaterveranstaltungen.

100 Jahre TSV Viernheim: Eine sportliche Erfolgsgeschichte

© Mannheimer Morgen - 22.04.2006


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