Viernheim / 27.06.2000

Kommentar
Überraschendes Ende

Von Lothar Zuther

Die Diskussionen um die Nachwuchsarbeit im deutschen Fußball sind nicht erst seit dem Ausscheiden unserer vermeintlichen Elitekicker bei der EURO 2000 in aller Munde. Dass in der Jugendförderung des weltgrößten Sport-Fachverbandes DFB (Deutscher Fußball-Bund) vieles im Argen liegt, ist seit langem bekannt. Anforderungen und Ansprüche an der Spitze und die Realität an der Basis klaffen weit auseinander, nicht zuletzt durch Vorgaben und Regelungen, die kleine Vereine bei Wechselmodalitäten für talentierte Spieler im Regen stehen lassen.

Um dieser immer größer werdenden Diskrepanz Einhalt zu gebieten, haben sich die beiden großen Viernheimer Fußball-Vereine SpVgg Amicitia und TSV im Jahr 1994 zur Zusammenarbeit im Nachwuchsbereich entschlossen. Eine Jugendspielgemeinschaft (JSPG) wurde gegründet. Mit den Aufstiegen von B- und A-Jugend in die Verbandsliga wurden die angestrebten Erfolge erzielt. Dass bekanntlich jede Medaille zwei Seiten hat, wird allerdings auch schnell deutlich. Der Amicitia-Vorstand spricht in seiner Begründung für die Kündigung der Kooperation von Zündstoff für eine gedeihliche Zusammenarbeit. Er bezieht dies auf die Frage der Verantwortung sowie der Zuständigkeit in Bezug auf die Übungsleiter und auf die Vereinszugehörigkeit neuer Spieler.

Konfliktpunkte sind immer programmiert. Kommt zum Beispiel ein neuer Spieler für die gemeinsame Mannschaft, dann taucht als erstes die Frage auf, wird er Mitglied bei der Amicitia oder beim TSV? Außerdem spielen Einflüsse allzu ehrgeiziger Eltern oder die Identifikation eine Rolle. Wohin dies führen kann, zeigte sich vergangenes Jahr bei der C-Jugend. Mehr als die halbe Mannschaft kehrte der JSPG aus Amicitia und TSV den Rücken und wanderte nach Waldhof, Feudenheim oder Schwetzingen ab. Folge: Das Team war nicht mehr schlagkräftig und stieg mit Glanz und Gloria aus der Spielklasse ab.

Eigentlich war die Jugendspielgemeinschaft schon seit längerem keine richtige mehr. Um Nachteile aus den geänderten Wechselbestimmungen des DFB zu vermeiden, spielten die A- und B-Jugend schon geraume Zeit als Amicitia und TSV und nicht mehr als JSPG. Dennoch kommt das Ende überraschend, weil die neue Saison unmittelbar bevorsteht und beiden Vereinen nicht mehr viel Zeit zur Disposition bleibt. Die Praxis hat gezeigt, dass es offensichtlich doch nicht so reibungslos funktioniert, wenn zwei langjährige Rivalen und Traditionsvereine kooperieren sollen. Das wäre in Mannheim bei Waldhof und VfR vermutlich nicht anders.

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