Viernheim / 27.06.2000
Kommentar Jugendspielgemeinschaft existiert nicht mehr
SpVgg Amicitia und TSV Viernheim beschreiten in der Fußball-Nachwuchsförderung in Zukunft wieder getrennte Wege
Von unserem Redaktionsmitglied Lothar Zuther
Viernheim. Eine sechsjährige Zusammenarbeit im Fußball-Nachwuchsbereich ist zu Ende. Der Vorstand der SpVgg Amicitia teilte gestern in einer offiziellen Erklärung mit, "die Jugendspielgemeinschaft (JSPG) zwischen Amicitia und TSV Viernheim wird es ab der kommenden Saison nicht mehr geben".
Die "Grünen" kündigten die Zusammenarbeit von ihrer Seite aus auf, weil sie bei der Nachwuchsförderung ab sofort wieder eigene Wege gehen wollen. Zur Begründung nennt der Verein Schwierigkeiten von Verbandsseite aus, wo man solche Spielgemeinschaften nicht gerne sieht und sie mit Auflagen belegt. Die Konzentration guter Jugendspieler bei den Profivereinen, aber auch die nachlassende Identifikation mit dem Heimatverein seien darüber hinaus ausschlaggebend für die Entscheidung gewesen. Für Amicitia-Jugendleiter Othmar Pietsch kein leichter Schritt: "Wir haben in den zurückliegenden Jahren auf beiden Seiten gute Arbeit geleistet und viele Talente hervorgebracht. Am Ende aber haben die kleinen Vereine so gut wie nichts von solch einer Förderung. Die Spieler wechseln nach Lust und Laune, oft getrieben vom Ehrgeiz der Eltern, weniger aus eigenem Antrieb, und der ausbildende Klub schaut auch noch in die Röhre. Das ist das Dilemma der Nachwuchsarbeit."
Amicitia-Vorsitzender Manfred Trapp möchte "mit dem TSV natürlich weiterhin eng zusammenarbeiten, denn gerade in den oberen Altersklassen besteht Bedarf". Allerdings habe nach Auffassung der Amicitia-Führung keine Notwendigkeit bestanden, deshalb die Jugendspielgemeinschaft über alle Altersstufen zu erhalten. "Natürlich werden wir auch künftig alles daran setzen, eine gute Jugendarbeit abzuliefern, wollen die Entscheidungen dazu allerdings alleine treffen", so Trapp.
Die Gründe des Amicitia-Vorstandes für die Kündigung der Zusammenarbeit umfasst fünf Punkte. Sie wurden schriftlich fixiert und dem TSV vorab mitgeteilt. Darin heißt es unter anderem: "Die bei der Bildung der JSPG zugrunde gelegte Zielsetzung, durch eine Konzentration der talentierten Jugendspieler die höchsten Spielklassen zu erreichen und dadurch diese Spieler in Viernheim zu halten, hat sich in letzter Zeit leider als Trugschluss erwiesen, wofür es Beispiele gibt."
Beim TSV weiß man seit einer Woche, dass die Amicitia die Kooperation nicht fortführen möchte. Vorsitzender Hansjörg Hoock gestern im Gespräch mit dem "SM" auf die Frage, was sich hinter der Kündigung verberge: "Das fragen wir uns auch. Bis vor 14 Tagen war alles klar, die Vorbereitungen auf die neue Runde liefen seit März. Diese Entscheidung kam für uns aus heiterem Himmel. Über die Gründe kann man sehr viel spekulieren."
Der Chef der "Blauen" vermisste ohnehin eine gewisse Leidenschaft bei der Amicitia-Führung für die Spielgemeinschaft. Nach Hoocks Auffassung hätten die Verantwortlichen der "Grünen" nur mit "geringem Herzblut" hinter der gemeinsamen Sache gestanden. Hoock gesteht allerdings auch ein, dass die Arbeit im Jugendbereich immer schwieriger wird. In diesem Zusammenhang verweist er auf die neuen Wechselbestimmungen des Deutschen Fußball-Bundes. So gelten beispielsweise für Vereine, die keine eigene A- oder B-Junioren-Teams gemeldet haben, andere Wechselmodalitäten für Spieler ihrer jeweils ersten Mannschaften. Beispiel: Wechselt der Spieler X zum Verein Y und dieser hat keine A- oder B-Jugend, dann ist eine geringere Ablösesumme fällig als üblich und umgekehrt. Diese Regelung habe beispielsweise, so Hoock, dazu geführt, dass sich Amicitia und TSV bereits vor zwei Jahren darauf geeinigt haben, die A-Jugend als Amicitia und die B-Jugend als TSV firmieren zu lassen. Bei der A-Jugend ist der Anteil der Amicitia-Eigengewächse höher, bei der B-Jugend umgekehrt.
Künftig also wieder getrennt. Doch Hoock sieht Probleme: "Die Jahrgangsbreite gibt es nicht her. Man muss froh sein, wenn man je eine A- und B-Jugend aus Viernheimer Geblüt zusammenbekommt."
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